Katerina Gein ist Theaterfrau mit Leib und Seele

Für Jugendliche ist die Rolle einfach eine Rolle


Von Carsten Blaue

Schriesheim. Katerina Gein weiß, was sie will: Theater machen mit jungen Leuten. Gemeinsam mit ihnen immer wieder proben, wiederholen und am Stück feilen, bis es klappt: “Man muss die Jugendlichen nur motivieren, und das ohne erhobenen Zeigefinger”, sagt die gebürtige Tschechin, die seit knapp acht Jahren in Schriesheim an der Bergstraße lebt. Hier leitet sie die beiden Theatergruppen am Heinrich-Sigmund-Gymnasium (HSG). Auch in der Theater-AG des Kurfürst- Friedrich-Gymnasiums (KFG) führt sie Regie. Und als wäre das eigentlich nicht schon genug, ist sie auch noch Regieassistentin beim Zwingenberger Theater “Mobile”. Für die 38-Jährige ist die Mehrfachbelastung kein Problem.

Im Gegenteil. Sie zieht Energie aus der Arbeit mit den Schülern. Es ist eine Arbeit mit Erfolgserlebnissen: “Man kann die Jugendlichen fördern und ihnen dabei helfen, neue Seiten an sich zu entdecken”, sagt Gein. Die ausgebildete Perückenmacherin und Maskenbildnerin studierte in ihrer Heimat Deutsch und war als Lehrerin tätig. Doch der Frontalunterricht war ihr auf die Dauer zu wenig: “Ich suchte immer andere Wege in der Vermittlung der Unterrichtsinhalte.”

Richtig umsetzen konnte sie ihre Ansätze jedoch nur in der Theaterarbeit: “Hier kann ich an die Schüler gezielt Verantwortung abgeben und kann ihnen Freiräume lassen. So können sie auch ihre Grenzen ausloten.” Gein schloss eine Fortbildung zur Spielleiterin ab und nahm die weitere Ausbildung zur Theaterpädagogin an der Theaterwerkstatt in Heidelberg in Angriff, die sie dieses Jahr abschließen wird: “Die handwerkliche Basis muss einfach stimmen. Die braucht man genauso wie das pädagogische Verständnis.” Über die Projekte der Theaterwerkstatt knüpfte sie auch die Kontakte zum KFG. Zuerst leitete sie hier die Theater-AG vertretungsweise, nun hat sie das Ensemble ganz übernommen.

Vertrauen sei in der Zusammenarbeit mit den Schülern am wichtigsten, sagt Gein. Das sei die Basis: “Und die Schüler spüren das sehr deutlich, ob man ihnen vertraut.” Für sie sei das die größte Herausforderung: “Denn ich bin hier nicht mehr die Lehrerin, sondern Partner, der Teil eines Teams.” Am Theater “Mobile” arbeitet sie mit Erwachsenen zusammen. Vor einem Jahr inszenierte das Ensemble “Misery” nach dem Psychothriller von Stephen King. Dieses Jahr ist am 14. März die Premiere der Eigenproduktion “Marleni” von Thea Dorn. Es sei ein wesentlicher Unterschied, ob man mit Erwachsenen oder Jugendlichen Theater mache, sagt Gein.

Die jungen Leute hätten keine “psychologische Hemmschwelle” zu überwinden, erklärt die Ensembleleiterin: “Für sie ist die Rolle eine Rolle und fertig. Jugendliche spielen einfach, sie spielen wie selbstverständlich eine Figur nach ihren Vorstellungen nach. Und dabei bleiben sie in ihrem Rollenverständnis flexibel. Bei Erwachsenen muss man wesentlich mehr Überzeugungsarbeit leisten, um sie zu einer anderen Spielweise zu bewegen.” Daher fühlt sich Gein im Jugendtheater am wohlsten. Zurzeit gibt sie mit ihrer Schriesheimer Theater-AG der Klassen acht bis 13 dem Stück “Dr. Jekyll und Mr. Hyde” den letzten Schliff. Der Theaterpädagoge Bernd Klaus Jerofke hat diese Bühnenfassung nach Motiven von Robert Louis Stevenson im vergangenen Jahr geschrieben. Das Ensemble des HSG ist daher wohl das erste Schultheater überhaupt, das Jerofkes Vorlage umsetzt. Die Aufführung ist am 15. Februar.

[aus der Rhein-Neckar-Zeitung]


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